Vom 27. bis 29. März 2025 öffnete die Stiftung Friedliche Revolution im Rahmen des Lesefests Leipzig liest ihre Türen für gleich fünf bemerkenswerte Veranstaltungen in der DenkmalWerkstatt im Hansahaus – und das in ganz unterschiedlichen Formaten, mit unterschiedlichen Stimmen und Perspektiven auf die Vergangenheit und die Zukunft.
Den Anfang machten Caroline Weimann und Philip Husemann mit ihrer Buchvorstellung „Die Politik von morgen“. Ihre zentrale These: Unsere Demokratie hat ein Nachwuchsproblem – und das ist gefährlich. JoinPolitics will dem entgegenwirken und setzt sich aktiv für die Förderung junger politischer Talente ein. Im Buch werden die Wege einiger der geförderten Menschen beschrieben. Das Buch ist nicht nur eine Analyse, sondern auch ein ermutigendes Plädoyer für einen neuen politischen Aufbruch. Der Austausch mit dem Publikum zeigte deutlich: Das Bedürfnis nach neuen politischen Wegen ist groß.
Am Abend ging es dann tief hinein in die jüngste deutsch-deutsche Geschichte: Astrid Kreibich stellte ihren bewegenden Roman „Rotstrick“ vor, der auf bisher unveröffentlichten Briefen aus politischer Haft basiert. Das Publikum war sichtlich bewegt von den persönlichen Geschichten, die exemplarisch für den Mut vieler Freiheitsliebender im letzten Jahr der DDR stehen. „Ein literarisches Zeitzeugnis“, wie eine Besucherin sagte, „in einer sehr poetischen Sprache.“
Der Freitagvormittag gehörte der nächsten Generation junger Literatinnen: Bei der feierlichen Preisverleihung des Schreibwettbewerbs „Die Freiheit – die ich meine: Versammlungsfreiheit“ wurden junge und erwachsene Autorinnen aus ganz Deutschland für ihre literarischen Auseinandersetzungen mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geehrt. Ausgerufen wurde der Wettbewerb von der Initiative „3. Oktober – Deutschland singt und klingt“. Rund 300 Einsendungen hatten die Jury, der unsere Projektmitarbeiterin Annette Baumeister angehörte, erreicht – viel Lesestoff und ein deutliches Zeichen, wie sehr das Thema die Menschen bewegt. „Wir freuen uns sehr über die große Resonanz gerade unter jungen Menschen. Die Einreichungen spiegeln in vielen Facetten die aktuellen Entwicklungen wider. Gerade die letzten Monate haben gezeigt, welch hohes Gut das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist, und dass es gegen antidemokratische Bestrebungen geschützt werden muss“, sagt Bernd Oettinghaus, Vorsitzender des Trägervereins der Initiative „3. Oktober – Deutschland singt und klingt e.V.“.
Die Lesungen der Preisträger*innen waren beeindruckend, vielfältig und oft sehr persönlich. Die Texte der Shortlist können online gelesen werden unter: https://3oktober.org/schreibwettbewerb/shortlist-2025/
Ein besonderer Höhepunkt des Abends war die Vorstellung der Edition der Volkskammerprotokolle der CDU/DA-Fraktion – ein Projekt der Konrad-Adenauer-Stiftung. In einer eindrucksvoll inszenierten Open-Air-Veranstaltung im Innenhof der DenkmalWerkstatt diskutierten Sabine Bergmann-Pohl, Markus Meckel, Cordula Schubert und Rainer Eppelmann unter der Moderation von Michael Borchard (Konrad-Adenauer-Stiftung) über die Bedeutung der historischen Aufzeichnungen.
Die Edition dokumentiert minutiös die Redebeiträge, Beschlüsse und internen Debatten der CDU/DA-Fraktion in der letzten frei gewählten Volkskammer der DDR im Jahr 1990 – einer Phase politischer Transformation, die in der kollektiven Erinnerung oft von symbolischen Momenten überstrahlt wird, deren parlamentarischer Alltag jedoch kaum beleuchtet ist. Mit der Herausgabe der Protokolle wird ein entscheidendes Stück parlamentarischer Demokratiegeschichte der DDR erstmals umfassend zugänglich gemacht.
Die Diskutierenden schilderten eindrucksvoll, wie sehr das politische Arbeiten in der Volkskammer zwischen Aufbruch, Unsicherheit und Verantwortung schwankte:
„Wir hatten keine Blaupause. Wir mussten Demokratie im Tun lernen – und zwar schnell“, erinnerte sich Sabine Bergmann-Pohl, letzte Präsidentin der Volkskammer.
Moderator Michael Borchard hob hervor, dass die Protokolle ein „Mosaikstein deutscher Demokratiegeschichte“ seien – und zugleich ein Appell an die Gegenwart, das Vertrauen in demokratische Verfahren nicht zu verlieren.
Die zahlreichen Besucher*innen zeigten großes Interesse an der Edition, die auch in gedruckter Form und online über die Konrad-Adenauer-Stiftung zugänglich ist:
Vollständiger bibliographischer Titel:
Lothar de Maizière: „… es geht um die Ablösung einer geschichtlichen Epoche.“ Die Protokolle der CDU / DA-Fraktion in der Volkskammer der DDR (März – September 1990). 2 Teilbände. Bearb. von Stefan Marx (Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte 75). Freiburg i. Br. 2025.
Den Abschluss unserer kleinen Lesereihe bildete der Abend von und mit Nikoletta Kiss, die mit „Rückkehr nach Budapest“ Auszüge aus einem feinfühligen, emotional dichten Roman präsentierte. Erinnerungen an den Balaton, Berlin und Wien sind die geographische Achsen, auf denen sich die Geschichte bewegt, die die Stimmung der Zeit im sozialistischen Ostblock der 1980er spürbar macht. Im Zentrum steht vordergründig ein tragisches Liebesdreieck, in der Tiefe aber die Entwicklung einer Frau und ihrer Verantwortung für die eigene Geschichte. Das Publikum folgte der Autorin gebannt durch die verwobenen Geschichten von Márta, Theresa und Konstantin – und manch eine Erinnerung an die eigene Jugend blitzte dabei auf.
Leipzig liest in der DenkmalWerkstatt war mehr als ein Literaturprogramm: Es war ein lebendiger Ort des Austauschs, der Erinnerung und der Zukunftsfragen. Gern haben wir dafür Tore weit gemacht. Die Stiftung Friedliche Revolution dankt allen Mitwirkenden, Gästen und Kooperationspartnern.
für Demokratie, eine offene Zivilgesellschaft
& ein friedliches Miteinander
Stiftung Friedliche Revolution
Nikolaikirchhof 3
04109 Leipzig
Tel. + 49 (0) 341 9837860
info@stiftung-fr.de
Nichts mehr verpassen. Newsletter abonnieren und mehr über unsere Aktivitäten in Leipzig und überall erfahren.
© 2024 Stiftung Friedliche Revolution. All Rights Reserved.