Happy Birthday Stiftung Friedliche Revolution

Ein eindrücklicher Abend erinnerte am 6. Oktober in der Nikolaikirche Leipzig an 15 Jahre Stiftung Friedlicher Revolution und 35 Jahre Friedliche Revolution

Am 24.08.2009 ist die Stiftung Friedliche Revolution gegründet, am 05.10.2009 von der Landesdirektion Leipzig anerkannt und am 09.10.2009 Oktober der Öffentlichkeit erstmals vorgestellt worden. 15 Jahre sind seitdem vergangen – Grund genug, dies und den 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution am 6. Oktober in der Leipziger Nikolaikirche gemeinsam mit der Nikolaigemeinde und mit rund 150 Gästen zu feiern. Eröffnet wurde der Abend vom Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Prof. Dr. Rainer Vor, sowie Nikolaipfarrer Bernhard Stief. Für den musikalischen Rahmen sorgten Universitätsorganist Daniel Beilschmidt und der Berliner Liedermacher Ekkehard Maaß, der nicht nur Gitarre und Harmonium, sondern auch Stücke von Wolf Biermann und Bulat Okudschawa mitgebracht hatte.

Der Abend stand unter dem Motto „Wir erinnern, wir danken, wir zeigen Gesicht“. Diesem Dreiklang folgte dann auch der Ablauf des Abends. In einer ersten Gesprächsrunde befragte Moderatorin Britta Baas die Zeitzeugen Bettina Röder, Matthias Müller und Rolf Sprink zu ihren Erinnerungen an den 9. Oktober 1989. Eindrücklich und eindringlich berichteten sie von ihren Ängsten, aber auch von ihren Hoffnungen an diesen Tag. Mit dem Tagebucheintrag „Aus Wut wird Mut“ fasste Rolf Sprink in knappen Worten das Erlebte von 1989 zusammen. Daran schloss sich ein kurzer Film mit Originalaufnahmen von der alles entscheidenden Montagsdemonstration am 09.10.1989 an, den damals Siegbert Schefke und Aram Radomski vom Turm der Reformierten Kirche aufgenommen hatten.

Prof. Dr. Rainer Vor und Nikolaipfarrer Bernhard Stief begrüßen die Gäste
Zeitzeug*innen berichten vom 9. Oktober 1989
Engagierte Menschen stellen ihre Arbeit für Demokratie und Menschenrechte vor
Previous slide
Next slide

Foto ©SFR

Im zweiten Abschnitt des Abends kamen unter dem Thema „Wir danken“ die Bürgerrechtlerin Ruth Misselwitz und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung zu Wort. Beide gehören dem Kuratorium der Stiftung an und teilten sich die Aufgabe insoweit, als Ruth Misselwitz in ihrem eher geistlichen Wort die 40 DDR-Jahre mit der Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste verglich und den Zeitpunkt der Friedlichen Revolution als einen Kairos (einem besonders günstigen Zeitpunkt)  beschrieb, zu dem mehrere Entwicklungen beigetragen haben. Dazu hätten auch die jahrelangen Bemühungen der Friedensbewegung gehört, die den Sturz der SED erst ermöglicht hätten. 

In seinem sehr persönlichen Beitrag gab dann Oberbürgermeister Burkhard Jung Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Stiftung. Bei Skatabenden mit dem 2014 verstorbenen Nikolaipfarrer Christian Führer sei viel über den Herbst 1989 und darüber gesprochen worden, dass wesentliche Ziele der Friedlichen Revolution noch nicht verwirklicht seien. Dabei sei auch über die Gründung einer Stiftung diskutiert worden, die zum Ziel haben sollte, die Ereignisse von damals im Bewusstsein zu halten und für die nach wie vor unerledigten Ziele einzustehen. Nach zäher Vorarbeit sei dann vor 15 Jahren die Stiftung Friedliche Revolution entstanden, auf die er heute nur mit großer Dankbarkeit über das vielfältige Engagement und für das mannigfaltig Erreichte blicken könne, betonte der Kuratoriumsvorsitzende und unterstrich zugleich die Bedeutung dieser Arbeit für die Stadt Leipzig.

Ruth Misselwitz (Foto © privat) und OBM Burkhard Jung (Foto © Stadt Leipzig)

Im dritten Teil des Abends „Wir zeigen Gesicht“ kamen drei engagierte junge Leute zu Wort, die sich auf je eigene Weise den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Im Gespräch mit der Moderatorin berichteten sie von ihrer Arbeit und formulierten ihre Wünsche und Träume für die Zukunft. So sprach Maria Berghänel über ihr Engagement in der unabhängigen Asyl-Beratung der Leipziger Diakonie und ihrem großen Wunsch, dass diese Arbeit irgendwann mal überflüssig werden möge. Der Filmemacher Jonathan Schörnig, der 2023 für seinen Film „Einhundertvier“ von der Stiftung mit dem Filmpreis „Leipziger Ring“ ausgezeichnet worden war, berichtete von seinen Erlebnissen bei den Filmaufnahmen über die Seenotrettung und entwarf einen Traum von gegenseitiger Achtung und Respekt. Und er formulierte den Wunsch, dass Seenotrettung möglichst bald wieder staatlich betrieben werde. Außerdem erinnerte Ina Rumiantseva von der belarusischen Gemeinschaft RAZAM.V. an die misslungene friedliche Revolution in Belarus 2020. Dabei verwies sie u.a. auf die schwierigen Lebensbedingungen für Oppositionelle heute unter dem Diktator Aljaksandr Lukaschenka sowie auf die weit über tausend politischen Gefangenen, für deren Freilassung sich ihre Initiative in besonderer Weise einsetze. Ihr verständlicher Wunsch war denn auch, dass diese bald alle freikommen.

Jonathan Schörnig berichtet aus seiner Arbeit am Film “Einhundertvier” über die Seenotrettung im Mittelmeer. (Foto ©SFR)

Nach diesen beeindruckenden Berichten aus der Arbeit zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure für eine friedlichere und gerechtere Welt stellte Moderatorin Britta Baas gegen Ende des Abends eine Erklärung vor, die im Kuratorium der Stiftung erarbeitet und die von den Stiftungs-Gremien in diesem Sommer verabschiedet wurde. Sie beschreibt das Grundverständnis der Stiftung in einer Welt zunehmender Friedlosigkeit und fordert zudem den 9. Oktober zu einem nationalen Gedenktag zu erklären, um den Mut der Vielen, die damals auf die Straße gegangen sind, angemessen zu würdigen. Zum Abschluss erklang – wie in den Friedensgebeten vor 35 Jahren – das alte Lied Dona nobis pacem – Gib uns Frieden.

 

Cookie Consent mit Real Cookie Banner