Zum Hauptinhalt springen

Wir sind das Volk!

Erklärung der Stiftung Friedliche Revolution zu den Pegida-Protesten

Die Stiftung Friedliche Revolution vereint Menschen aus Ost und West. Ein Teil war an den Umbrüchen vor 25 Jahren beteiligt, andere waren dies nicht. Dennoch gehören der Geist und die Werte der Friedlichen Revolution von 1989 für uns alle zum kostbarsten Erbe der gemeinsamen Geschichte.

Diesen Werten, die in so wunderbarer Weise in den Parolen „Keine Gewalt“, „Wir sind das Volk“, „Offen für alle“ und „Schwerter zu Pflugscharen“ zum Ausdruck kommen, ist die Stiftung in besonderer Weise verpflichtet. Mit ihnen hat die Mehrheit der DDR-Bevölkerung das Ende der SED-Herrschaft erzwungen. Sie stehen zugleich für eine weltoffene, multikulturelle Gesellschaft, die für Verschiedenheit eintritt und darin keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung sieht.

Mit großer Sorge sehen wir darum in diesen Tagen und Wochen, dass eben diese Werte von den Pegida-Demonstranten in Deutschland und Kräften in anderen Ländern Europas missbraucht werden. Darum sagen wir

• NEIN zu allen Pegida-Versuchen, sich auf die Montagsdemonstrationen der Friedlichen Revolution zu berufen. Sie können nicht von den Friedensgebeten in den christlichen Kirchen getrennt werden, die die Kraft zur Friedfertigkeit gaben.

• NEIN zu allen Pegida-Versuchen, den Ruf „Wir sind das Volk“ für Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit zu missbrauchen. Wer „Wir sind das Volk“ ruft, muss auch „Offen für alle“ sein.

• NEIN zu allen Pegida-Versuchen, Feindbilder zu bedienen und Ängste auf dem Rücken der Schwächsten unserer Gesellschaft zu schüren. Eine Gesellschaft, die sich abschottet und nur noch sich selbst wahrnimmt, muss notwendigerweise verkümmern. Und darum

• JA zu den Werten der Friedlichen Revolution, zu Zivilcourage sowie allen Bemühungen engagierter Mitbürgerinnen und Mitbürger, gemeinsam auch mit denen, die bei uns Aufnahme, Schutz und Hilfe suchen, am Ziel einer lebenswerten, einladenden Gesellschaft festzuhalten.

Denn es steht außer Frage, dass es in unserem Land trotz florierender Wirtschaft zahlreiche Probleme gibt: Millionen leben in menschenunwürdigen Verhältnissen und sind auf Hilfe angewiesen; die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer; an demokratischen Wahlen beteiligt sich kaum noch die Hälfte des Wahlvolks und vieles mehr.

Es gibt durchaus viel zu tun. Gefragt ist neben der Politik vor allem das bürgerschaftliche Engagement. Es liegt in der Verantwortung aller, gemeinsam für gerechte und lebenswerte Verhältnisse im Land zu sorgen.

 

Leipzig, am 7. Januar 2015