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Sehr geehrte Frau Professor Schücking,

unsere Gespräche in jüngerer Zeit über mögliche gemeinsame Projekte zu den beiden Gemälden „Aufrecht stehen …“ von Reinhard Minkewitz und „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von Werner Tübke möchte ich gern zum Anlass für einen Rückblick auf den 30. März 2015 nehmen. An diesem Tag haben wir nicht nur die Vernissage für die Dauerausstellung beider Werke im Hörsaalgebäude der Universität zu Leipzig feierlich begangen. Mit diesem Tag ging auch das Vermächtnis von Erich Loest in Erfüllung, der sich gewünscht hatte, dass das Werk „Aufrecht stehen …“ in räumlicher Nähe zu Werner Tübkes Bild „Arbeiterklasse und Intelligenz“ seinen Platz findet, um der Universität einen Anstoß zur Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte zu geben.

Damit endete zugleich, wie Sie wissen, eine jahrelange leidenschaftliche Auseinandersetzung zwischen Erich Loest und der Universitätsleitung, insbesondere mit Ihrem Vorgänger, um die Hängung des Werkes „Aufrecht stehen …“ in den Räumen der Universität. Auch Sie haben sich die Entscheidung darüber sicher nicht leicht gemacht. Am Ende jedoch trugen Sie die Idee Loests gegen zum Teil heftige Widerstände in Ihrem eigenen Haus mit, ja unterstützten Sie nachhaltig. Und Sie ertrugen die beißende Kritik unseres Kuratoriumsmitglieds Werner Schulz an der Universität in dessen Festrede.

Nur durch Ihr Zutun kam es zur Hängung. Ihnen ist es zu verdanken, dass nunmehr im Spannungsfeld beider Werke Studierende und Lehrende wie auch die außeruniversitäre Öffentlichkeit über die Zeit vor 1989 sowie über die Rolle der Universität als Ort der politischen Bildung, über die Grundwerte unserer Gesellschaft, wie Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Bewahrung der Schöpfung und vieles mehr diskutieren können. Sie haben damit nicht nur der Universität insgesamt, sondern auch und insbesondere der Diskussionskultur und damit letztlich der Demokratie einen großen Dienst erwiesen.

Hierfür möchte ich Ihnen persönlich aber auch im Namen meiner Vorstandskollegen Gesine Oltmanns, Prof. Rainer Vor und Hans-Jürgen Röder sehr herzlich danken. Wir alle würden es sehr begrüßen, wenn wir künftig gemeinsam mit Ihnen die öffentliche Auseinandersetzung um die beiden Werken weiter nachhaltig befördern könnten.

Im Gespräch zwischen uns ist, wie Sie wissen, das Studium Generale, das allen Studierenden offensteht und sich zweifellos für eine solche Auseinandersetzung gut eignen würde. Interesse hat aber auch schon der Katholikentag im nächsten Jahr in Leipzig bekundet, so dass wir guter Dinge sind, wenn es um die Fortsetzung der zur Vernissage begonnenen inhaltlichen Diskussion über beide Werke geht.

Dabei steht außer Frage, dass der Disput insbesondere von der jungen Generation getragen und durch uns gemeinsam befördert werden sollte. Da Sie selbst nach unserer festen Überzeugung ein sehr authentisches Zeugnis für den Mut der Universität zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit gegeben haben, werden Sie verstehen, dass wir Sie gern auch als Garant für die Kontinuität dieser Haltung behalten möchten. Darum würden wir es sehr begrüßen, wenn Sie der Leipziger Universität und der Stadt Leipzig als engagierte und mutige Rektorin erhalten blieben.

Es grüßt Sie herzlich, verbunden mit den besten Wünschen für Sie und Ihr Amt,

Ihr gez. Michael Kölsch